Die Staats- und Stadtbibliothek Augsburg hat eine der wichtigsten technikgeschichtlichen Quellen des Spätmittelalters digitalisiert: Die in Rom um 1485/89 von dem deutschen Uhrmacher, dem aus Augsburg stammenden Frater Paulus Almannus geschriebene und illustrierte ars horologica (Uhrmacherkunst), heute als Handschrift 2 Cod 209 hier in der Bibliothek aufbewahrt.
Zum Digitalisat: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:37-dtl-0000001812
Die außen unscheinbare Handschrift enthält Baupläne und Namen der Uhrmachermeister von 30 Räderuhren – darunter von drei besonders modernen federgetriebenen – römischer Besitzer, häufig Kardinäle, die Almannus dort wahrscheinlich reparierte. Die Zeichnungen der Räder entsprechen meist maßstabsgetreu 1:1 dem Vorbild. Auch finden sich Abpausungen von Zahnrädern. Kurze Beschreibungen erläutern die Illustrationen und nennen etwa die Zahnzahl des jeweiligen Rades und des zugehörigen Antriebs.
Die Uhr, die an Stelle Nr. 27 aufgeführt ist, die kleinste mit der sich am schnellsten bewegenden Unrast, war im Besitz des Oliviero Carafa (1430–1511), seit 1458 Erzbischof von Neapel, später Kardinal, päpstlicher Flottenkommandant und Auftraggeber der Carafa-Kapelle in Santa Maria sopra Minerva in Rom.
Die Handschrift gehört vielleicht zum Gründungsbestand der Stadtbibliothek, in der bereits 1537 auch Bücher der Augsburger Dominikanerbibliothek eingegliedert wurden. Sie kann aber auch zur Zeit der Säkularisation aus einem anderen schwäbischen oder Augsburger Kloster in unsere Bibliothek gelangt sein.